Ich bewege das Quartier, indem ich einen Verkehrsversuch einrichte.
So funktioniert's
Immer mehr Städte führen Verkehrsversuche durch, um, zunächst Temporär, dem Fuß- und Radverkehr mehr Raum zu geben – die Sendlinger Straße in München, die Mariahilferstraße in Wien oder der Verkehrsversuch »Ottensen macht Platz!« in Hamburg-Ottensen sind nur drei Beispiele. Alle genannten Versuche haben verschiedene Parameter und Rahmenbedingungen und weisen dabei gleichzeitig auch einige Gemeinsamkeiten auf. Grundlage ist meist die Erprobungsklausel der Straßenverkehrsordnung §45 Absatz 1 Satz 2 Nr. 6. Seit der Novelle des StVO im Februar 2020 braucht es für die Anwendung der Klausel nun auch keinen Nachweis der Gefahrenlage hierfür. Weiterhin benötigt ein solches Experiment aber umfangreiche Abstimmungen mit verschiedenen Dienststellen der Stadt und kann dabei Herausforderungen mit sich bringen. Da es für die Verfahren dennoch noch keine Standardlösung gibt, sollte genügend Vorlaufzeit für Genehmigungsverfahren, Diskurse mit BürgerInnen und StakeholderInnen sowie Medienarbeit einkalkuliert werden. Temporäre Verkehrsversuche betreffen den gelernten Alltag der Menschen und haben daher auch die Tendenz Kontroversen auszulösen. Daher sollte ein solcher Versuch immer auch von einer intensiven Informations- und Beteiligungskampagne begleitet werden und dabei eine positive, anschauliche Kommunikation der Vorteile im Fokus haben. Von Vorteil ist es dabei, den Betroffenen eine AnsprechpartnerIn, am besten mit Präsenz vor Ort, anzubieten. Auch Pressearbeit und Social-Media-Präsenz ist essenziell. Diesen Kommunikationsaufwand gilt es nicht zu unterschätzen. Es kann aber auch konstatiert werden: Schlussendlich ist der Zuspruch doch mehrheitlich und man sollte einzelnen Interessen mit einem Gesprächsangebot begegnen. Für einen solchen Verkehrsversuch braucht es zudem ausreichende personelle Ressourcen in der Verwaltung sowie ggf. ein unterstützendes Büro mit Erfahrungen in dem Bereich. Ein Verkehrsversuch sollte im Idealfall mehrere Monate mit verschiedenen Jahreszeiten umfassen. Die mögliche Verstätigung der Maßnahmen und die entsprechenden Verantwortlichkeiten sollten früh geklärt werden. Insbesondere mit Blick auf die Radverkehrsführung und die Organisation der Anlieferung muss vor Ort nach dem geeigneten Instrument (Fußgängerzone, Verkehrsberuhigter Bereich etc.) gesucht werden. Meist können nicht mehrere davon miteinander kombiniert werden. Die positiven Veränderungen des Versuchs sollten von Beginn an erlebbar und durch eine Gestaltung des Raums und Aktionen unterstützt werden. Es braucht von Beginn an ein belastbares Evaluationskonzept.
Weiterführende Links:
Landeshauptstadt München: »Verkehrsversuch Fußgängerzone Sendlinger Straße – Koordinierung, Evaluierung und Dokumentation des Verkehrsversuchs sowie Begleitung der Öffentlichkeitsarbeit« (hier abrufbar)
Homepage »Ottensen macht Platz!« https://ottensenmachtplatz.de
Das bringt's fürs Quartier
Verkehrsversuche sind Experimente auf Zeit. Sie lassen die Menschen erleben, wie sich der öffentliche Raum verändern kann, wenn zumindest abschnittsweise auf den motorisierten Verkehrs verzichtet wird. Verkehrsversuche bieten darüber hinaus ein Format für eine gemeinsame, ergebnissoffene Diskussion, das ein vorausgehendes kategorisches »nein« ausschließt.
Zurück zu den Praktiken:
HeldIn werden
Du möchtest diese oder eine andere Praktik anwenden?
Schreibe uns gerne eine Mail!
Informationen zum Thema HeldIn werden.