Ich bewege das Quartier, indem ich eine Pop-Up-Fahrradstraße einrichte.

So funktioniert's

Pop-Up-Radwege sind zunächst ein Experiment auf Zeit: Sie widmen eine Fahrspur der Straße temporär für den Radverkehr um. Hierfür wird eine Spur baulich (bsp. durch. Absperrelemente oder Blumenkübel) vom Rest des Verkehrs abgetrennt. Vorgemacht hat das zum Beispiel die Stadt Berlin, die während der Corona-Krise mit ihren vielen Pop-Up-Radwegen Schlagzeilen machte. Wenn man es genau nimmt, verlassen Pop-Up-Bikelanes immer noch den alltäglichen Rahmen der Straßenverkehrsordnung und beruhen auf einer Auslegung der StVO durch ambitionierte VerwaltungsmitarbeiterInnen und der Entscheidung durch die lokale Politik.
 Berlin hat mit seinem Mobilitätsgesetz und den Regelplänen zur temporären Einrichtung und Erweiterung von Radverkehrsanlagen eine progressive Anleitung für die temporäre Planung vor Ort geschaffen. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg stützt die Errichtung seiner temporären Radverkehrsanlagen auf §45 Abs. 9 Satz 1 bzw. die Ausnahmenvorschrift §45 Abs. 9 Satz 4, Nr. 3 der StVO. Diese besagt, dass Radverkehrsanlagen dann eingerichtet werden können, wenn es zur Abwehr einer Gefahrenlage beiträgt. Wann allerdings eine solche Gefahrenlage vorliegt, die Radfahrstreifen gerechtfertigt, ist weder in der StVO noch in der Verwaltungsvorschrift zur StVO geregelt. Allerdings wurde mit der jüngsten Novelle der StVO ein verpflichtender Sicherheitsabstand von innerorts 1,5 Meter beim Überholen von RadfahrerInnen festgehalten. Die Berliner Bezirke beriefen sich bei ihrer Begründung vor allem auf die Bedrohungslage durch die Corona-Pandemie. Durch eine von vorn herein gesetzte Befristung der Maßnahmen kam die Stadt einer nachträglichen Illegalisierung zuvor. Zukünftig wird die Herausforderung also vor allem darin liegen, die Gefahrenlage anders nachzuweisen (beispielsweise über die Verkehrsmengenzählung, um nachzuweisen das ein geringer Autoverkehr einen Radfahrstreifen zulässt). Der verpflichtende Sicherheitsabstand könnte dabei helfen, aber es hängt, bei der derzeitigen Form des StVO, weiterhin an Entscheidungsträgern auf kommunaler Ebene, die diese im Sinne aller Verkehrsteilnehmer auslegen und ausreizen. 

Weiterführende Links: 

Julian Sanders »Radverkehrsplanung und der Gesundheitsschutz – neue Radwege in Pandemiezeiten und darüber hinaus?«. In »Zukunft Mobilität«

Wie die Pop-up-Bikelanes in Berlin entstanden sind und wie gut die Idee funktioniert, erzählen die Verantwortlichen in diesem Video der Difu-Fahrradakademie

Senatsverwaltung für Umwelt,Verkehr und Klimaschutz Berlin (2020): Regelpläne zur temporären Einrichtung und Erweiterung von Radverkehrsanlagen 

Mobycon (2020): Handbuch »Temporäre Einrichtung und Erweiterung von Radverkehrsanlagen« (Mobycon) 

Das bringt's fürs Quartier

Bei der Aufteilung des öffentlichen Straßenraums ist meist zu wenig Platz für Radfahrer- und FußgängerInnen vorgesehen. Die temporären Radwege zeigen zunächst für eine gewisse Zeit, wie und wo RadfahrerInnen unterwegs sein könnten, wenn ihnen der Platz eingeräumt wird und welchen Einfluss dies auf den Verkehr haben könnte. Im Vordergrund steht hier das reale Erleben. Der abgetrennte Bereich lädt auch die Leute ein, die sich sonst eher unsicher auf der Fahrbahn fühlen. Damit können Pop-Up-Bikelanes der erste Schritt oder zumindest ein Impuls in Richtung feste Infrastruktur sein.

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